Lut Gholein: Die Fesseln der Zerstörung

Geschrieben von Telias am 12.05.2020 um 10:17
Auszug aus dem Tagebuch des Vizjerei-Magiers Nor Tiraj, Akolyth der Horadrim


Am achtundfünfzigsten Tag unseres Feldzugs holten wir Baal nahe der alten Hafenstadt Lut Gholein ein. Wir hatten den großen Herrn der Zerstörung über Monate hinweg den ganzen Weg vom Land Kehjistan bis hierher verfolgt. Tal Rasha, unser Anführer, glaubte, dass Baal nach Norden unterwegs sei, zum verschneiten Land Scosglen, doch aus einem unerfindlichen Grund beschloss der Dämon, seinen Vorsprung zu opfern und in der Stadt im Wüstensand Zuflucht zu suchen.

Tal Rasha wollte keinen Kampf riskieren, bei dem Unschuldige zu Schaden kommen konnten, und befahl uns, den Angriff zu verschieben, bis Baal die Stadt verlassen hatte. Wir wachten und warteten drei Tage lang, bis die verräterische Kreatur Lut Gholein verließ. Wie Tal Rasha vorhergesagt hatte, brach Baal wieder in Richtung Norden auf. Er hatte nur wenige Meilen in der Lut Gholein umgebenden Wüste hinter sich gebracht, als wir ihn angriffen. Mit den stärksten der uns verfügbaren Zaubersprüche bedrängten wir den Herrn der Zerstörung und zwangen ihn, vor uns zurückzuweichen.
Der erboste Dämon entfesselte die geballte Wut seiner Macht. Die Erde selbst explodierte unter unseren Füßen und verschlang viele unserer Brüder. Feuer loderte aus geborstenen Felsen und verbrannte viele weitere. Zerstörung wütete in jeder erdenklichen Form um uns herum, aber wir waren zu weit gereist, um uns nun aufhalten zu lassen. Der durch die Anstrengung geschwächte Baal führte einen letzten Schlag gegen Tal Rasha; doch zum Glück wurde der Magier nur leicht verletzt. Unglücklicherweise wurde dabei jedoch der heilige Seelenstein, den ihm der Erzengel Tyrael gegeben hatte, in mehrere kleine Stücke zerschmettert. Von Panik ergriffen setzten wir unseren Angriff fort und konnten den wütenden Dämon vorübergehend bändigen.

Tal Rasha wusste wohl, dass die geborstenen Splitter des Seelensteins nicht ausreichen würden, die mächtige Essenz Baals zu binden, und so schmiedete er in aller Hast einen tollkühnen Plan, um den Dämon für alle Zeiten zu bannen. Mit fiebrigem Glanz in den Augen ging er kaltblütig zu Baals zuckender Gestalt und schnitt der Kreatur die Kehle durch. Als Baals Seele aus dem sterbenden Körper floh, wählte Tal Rasha das größte Bruchstück des Seelensteins aus und stieß es in die offene Wunde. Baals Seele wurde, wie die von Mephisto, in die leeren Nischen des goldenen Splitters gesogen und eingesperrt. Der Splitter pulsierte und summte, als könne er den schrecklichen Inhalt nicht fassen. Wir zweifelten an Tal Rashas Urteilsvermögen, doch Tal Rasha schien sicher zu sein, dass er Baal festhalten konnte, bis unsere Aufgabe erfüllt war.
In diesem Augenblick erschien der Erzengel Tyrael und umfing Tal Rasha mit seinem durchdringenden Blick. Das leuchtende Gesicht des Erzengels war unbeschreiblich schön, und ich entsinne mich deutlich, wie er Tal Rasha zuflüsterte: „Deines Opfers wird noch lange Zeit gedacht werden, edler Magier.“ Mit dem goldenen Splitter in der Hand führte uns Tyrael zu einem geheimen Höhlengeflecht tief unter dem sengenden Wüstensand. Dort fanden wir sieben alte, von einem längst vergessenen Volk errichtete Gräber. Unsere düstere Prozession hielt vor dem letzten, riesigen Grab, und Tyrael befahl uns, mit dem Bau eines bindenden Steins in der Mitte der Kammer zu beginnen. Erst da wurde mir klar, was er und Tal Rasha vorhatten ...
Wir ritzten mächtige bindende Runen in den Stein und fertigten mit Hilfe unserer Magie bruchfeste Ketten an den Kerkerwänden. Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, befahl Tal Rasha, dass er angekettet und an den Stein gefesselt werden sollte. Zu unserem Entsetzen trat Tyrael vor und hielt den leuchtenden Splitter vor ihn hin. Bevor einer von uns an ein Eingreifen denken konnte, stieß der Erzengel Tal Rasha den Splitter in die bloße Brust. Goldenes Feuer loderte aus Tal Rashas Augen, als der Herr der Zerstörung in seinen zuckenden Leib einströmte. Wir erstarrten vor Ehrfurcht, als wir begriffen, was geschehen war. Tal Rasha hatte das größte aller Opfer gebracht: Er würde für alle Zeiten angekettet bleiben und dazu verflucht sein, bis zum Ende der Zeit mit Baals böser Seele zu ringen.

Gramgebeugt schlichen wir ins Sonnenlicht zurück und sahen zu, wie Tyrael das riesige Tor des Grabes für immer verschloss. Als letztes Geräusch aus dem Grab vernahmen wir einen gequälten Schrei, der nicht von dieser Welt war. Ich bete, dass Tal Rashas Opfer nicht vergebens war. Ich bete, dass das Böse, das unter dem Wüstensand begraben ist, so lange gefesselt bleibt, bis die Menschen vergessen haben, dass jemals Übel existierten, die unter ihnen weilten.

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